Vita: geb.1948 Kufstein, aufgewachsen in Hall. Innsbruck: Studium der Medizin – Wechsel zum Studium an der Päd. Akademie und Lehrtätigkeit. Bildhauerische Ausbildung in Sommerakademien, bei diversen Studienaufenthalten und als Gasthörerin an der Kunstuniversität Linz und bei Imre Schrammel an der Kunstuniversität Budapest und Siklos – von da an Arbeit als Bildhauerin und freischaffende Künstlerin + 2021
Unserem Teammitglied, der Bildhauerin Gabriela Nepo-Stieldorf, widmen wir eine Ausstellung in memoriam. Ihr Leben galt der Kunst, insbesondere der Keramik. Sie liebte die Arbeit mit Marmor und Stein, sie kombinierte Keramik mit Plexiglas oder mit Eisen, auch Fundstücken wie Orgelpfeifen, schuf damit beeindruckende Installationen. Gabriela sammelte 25 Jahre hindurch in ganz Europa Ziegel für ihr „Dach Europas“, letztlich ein Plädoyer für ein gemeinsames – durchaus auch brüchiges - Europa. 2020 setzte sie unter dem Eindruck des ersten Lockdowns kleine Figuren unter Glashauben.
Sie nahm an vielen Ausstellungen und Symposien teil und kuratierte nationale und internationale Kunstprojekte. Sie gründete das Internationale Keramiksymposium Innsbruck IKSIT und lud dazu alle drei Jahre KünstlerInnen aus unterschiedlichsten Ländern nach Tirol, 2020 sogar trotz Covid – ihr Anspruch war es, der Keramik auf ein hohes künstlerisches Niveau zu verhelfen. Als Initiatorin verschiedenster Kunstprojekte konnte sie durch Engagement und mit ihrer besonderen Fähigkeit zum Dialog mit Menschen künstlerische Netzwerke schaffen und wurde dafür u.a. mit dem Goldenen Verdienstzeichen der Republik Österreich ausgezeichnet. Sie erhielt einen Anerkennungspreis der IV. World Triennal of Small Ceramics, Zagreb, gewann Silber bei der IV. Kairoer internationalen Biennale für Keramik. Gabriela erhielt drei Künstlerstipendien des Landes Tirol und arbeitete als Artist in Residence
in Italien, Ungarn, Kanada, Japan, den USA. Ihre Werke finden sich in privaten Sammlungen sowie im öffentlichen Raum.
Sie war Mitglied des Künstler-Hauses Wien, von sculpture network, INTAKT und kunstwerk Krastal sowie Lektorin und Workshopleiterin am Bilding, der Kunst- und Architekturschule für Kinder und Jugendliche in Innsbruck. Bei Workshops über das Kulturservice Tirol begeisterte sie junge Menschen.
Sie starb im August 2021, während ihrer Personale „Limits of Balance“, im Bildhauerhaus im Krastal bei der Arbeit am Stein.
„Meine Werke basieren auf der Auseinandersetzung des Einzelnen mit der gesellschaftlichen und persönlichen Geschichte, dem aufgeprägten Rollenspiel, den Verletzungen, den Befindlichkeiten in seinem eigenen Raum…“, so Gabriela.
Gabriela Nepo-Stieldorf hat in ihrem Werk Transformationen des Lebendigen erlebt und gesucht. Diese Suche gestaltet sich vielfach in der Form, die der Körper ist.
Der Körper: aufgerichtet, liegend, kauernd, fragmentiert, schutzsuchend und schutzgebend, fallend und aufstehend – und im Flug.
„Gabriela Nepo-Stieldorf legt in ihren Arbeiten ein ganzes Kaleidoskop der Aspekte der Weltlichkeit des Menschen vor. Sie ist relativ spät zur Beschäftigung mit dem Körper gekommen. Die skulpturale Umsetzung verlangt nicht nur die Beherrschung der Anatomie – diese hat sie als Studentin der Medizin im Seziersaal minutiös studiert – sondern sie verlangt auch technische Sicherheit mit dem archaischen Material. Der Ton ist ein ebenso faszinierender wie schwierig zu handhabender Stoff.
Dem schöpferischen Vorgang beim Begreifen der erdigen Masse, dem heftigen Kneten, dem zarten Streicheln der Oberfläche, dem tastenden Suchen nach dem rechten Rhythmus von Wölbung und Vertiefung, diesem synaisthetisch und haptisch erlebbaren Planen, steht das unbeherrschbare Moment gegenüber, wenn nämlich diese Masse durch das härtende Feuer geht, dort schrumpft und reißt und nicht selten bricht. Es tritt ein Moment des Zufalls auf, der sich nur schwer steuern lässt…. Geradewegs dort ereignet sich das stete Spiel zwischen Absicht und sich entziehendem Zufall, zwischen Kristallinem und vegetabiler Bewegung, zwischen Stärke, Perfektion und fragiler Verletzbarkeit.“
„So steckt in diesen Arbeiten ein Plädoyer für Körper, Geschichte und Emotionen und für das Hier und Jetzt dieser Welt. Sie können als eine Mahnung gelesen werden, gegen die Verdrängung dieses Authentischen in der medialen Virtualität Widerstand zu leisten, dem Wahn der technischen Perfektionierung des Menschen, seiner Verdoppelung im Simulakrum, gegenüber wachsam zu bleiben.“/Dr. Bernhard Braun, im Vorwort zum Katalog Gabriela Nepo-Stieldorf, 2003.
Gabriela Nepo-Stieldorf beeindruckte nicht nur durch ihre Kunst, sondern auch durch ihre Fähigkeit zum Dialog, sei es in Künstler*innenkreisen oder als Initiatorin von internationalen Symposien, doch genauso bei der Arbeit mit Kindern.
Christine Frei bezeichnete Gabriela Nepo-Stieldorf bei der Eröffnungsrede einer Vernissage als Erfinderische, Ermöglicherin, Türöffnerin – mit einem offenen Herzen und einem offenen Geist.
Keramikprogramm mit Kindern.